Flug mit der Piper nach Grönland
Markus Müller will mit seiner Piper Arrow III Turbo von der Hahnweide nach Grönland fliegen. Markus ist ein sehr erfahrener Pilot, der auch die Instrumentenflugberechtigung hat. Markus wird hier über die Vorbereitungen und auch die eigentliche Reise berichten. Wir freuen uns sehr, dass er uns teilhaben lässt und wünschen eine gute Reise! Der Abflug war am 16.08.2020.


Der Atlanik-Flug

 

Bei der Planung von Flügen dieser Länge habe ich die Erfahrung gemacht, dass es sehr hilfreich ist, vorher den Betreiber des Landeplatzes anzurufen. Nach einem kurzen Telefonat mit Drew von FarNorthAviation in Wick, Schottland wurde schnell klar, dass eine Landung in Schottland am Samstag aufgrund der fehlenden ATC nicht möglich und sinnvoll ist. Also planten wir für Freitag den Überflug von Island nach Schottland. Wettermäßig war dies dann auch der bessere Tag. Es stellte sich eine Hochdruckwetterlage ein mit guten Rückenwinden auf der Strecke zwischen Island und Schottland. Eine Landung auf den Färöer-Inseln wird in der einschlägigen Literatur nicht empfohlen.

Wetterkarte mit ausgeprägtem Hoch südlich von Island (Quelle: autorouter.aero).

Significant weather chart (Quelle: autorouter.aero).

 

Zunächst musste der Flug von Reykjavik nach Egilstadir geplant werden. Die Cross-Section-Wetterkarte zeigte sehr gut, dass dieser Flug auch VFR machbar ist. Bodo übernahm diese Leg. Das angetroffene Wetter passte sehr gut mit der Vorhersage überein.

 

Cross-Section (Quelle: autorouter.aero)

 

 

Kurz nach BIRK schaute die aufgehende Sonne durch ein Wolkenloch am östlichen Horizont, genau wie vorhergesagt.

 

Unser Laderaum.

 

Um ehrlich zu sein, wir waren beim Start circa 20 kg überladen. Bei Temperaturen um die 10°C, einer Bahn von über 2000m und ein Dichtehöhe von -918ft war dieser Umstand ein durchaus vertretbares Risiko.

 

 

Auf dem Flug von Reykjavik nach Egilstadir.

 

An der Südküste Islands

 


Der Overcast wird intensiver.

 


Der Vatnajökull Gletscher ist mit einer Fläche von 8100km2 der größte Gletscher Europas. Der Gletscher ist mehr als drei Mal so groß wie das Saarland.

 

Eisberge des Vatnajökull treiben in den Nordatlantik. Sehr beeindruckend, vor allem die Größe der Eisberge im Vergleich zu den Häusern.

 

Im Bereich der grünen Wiese in der Bildmitte befindet sich ein kleines Gehöft. Der nächste Nachbar ist vermutlich 100km entfernt.

 

An der Tankstelle in Egilstadir (BIEG).

 

Bodo Bleichner im Überlebensanzug.

 

Markus Müller im Cockpit, fast schon abflugbereit.

Ein paar Informationen zu den beiden Anzügen: Der gelbe Anzug besteht aus dünnem Goretex, ist sehr atmungsaktiv, leicht und man kann mit dem Anzug in die Schuhe schlüpfen. Den vorderen Reisverschluss kann man während des Fluges öffnen. So kann man einer Überhitzung und Dehydrierung vorbeugen. Im Anzug habe ich den Notsender und alles sonstige Equimpent das man für den Notfall benötigt. Es muss wirklich alles im Anzug verstaut werden. Außerdem nimmt man eine Y-Life-Line mit, mittels derer man sich mit der Rettungsinsel und seinem Partner verbindet, um sich nicht zu verlieren. Der rote Neoprenanzug von Bodo ist bereits gefüttert. Eine Thermounterwäsche wird nicht benötigt. Die angenähten Gummihandschuhe und der steife Kragen schränken die Bewegungsfreiheit deutlich ein. Man kann in diesem Anzug nur sehr eingeschränkt fliegen und sich bewegen. Außerdem ist dieser Anzug weniger atmungsaktiv.

 

Abflug aus Egilstadir nach Wick.

Wick hat eine AFIS Station am Platz, die die Flugverkehrsfreigabe und bei Bedarf die Oceanic Clearance weiterleitet. Den Flugplan habe ich wieder mit www.autorouter.aero gemacht. Vorher haben wir uns bei Drew in Wick angemeldet. Die Ankunftszeit war für 16:00 geplant. Der Flughafen Wick schließt um 17:00. Wir fliegen gegen die Zeit und außerdem liegt Wick in einer anderen Zeitzone. Um nicht ständig umrechnen zu müssen stelle ich meine Uhr bei solchen Flügen immer auf UTC um. Im Flug müssen eh alle Positionsreports und Estimates in UTC gemacht werden. Nach der Landung stelle ich dann die Uhr wieder auf die Ortszeit ein.


Routing (Quelle: www.autorouter.aero)

 

Flightlog.

 

Wir sind das Flightlog so präzise abgeflogen und die Windvorhersage hat so gut gepaßt, dass wir auf dem gesamten Flug nur eine Verspätung von 4 Minuten aufgesammelt haben. Der VOR/DME-Anflug hat dann weitere 8 Minuten gekostet. Insgesamt eine sehr gute Planung.

 


Das Wetter im Überblick

 

Und wieder die Cross-Section für den Atlantik-Flug. Vereisungsgebiete sind hellgrün dargestellt.

 

Die meisten Flugplätze in Schottland waren VFR oder marginal VFR. Wir hatten also reichlich Sicherheitsmarge in der Planung.

 

 

Auch spritmäßig sind wir auf Nummer Sicher gegangen. Mit 10% Contingency Fuel, 35 Minuten bis zum Alternate und nochmals 45 Minuten für ein Holding hatten wir noch 63 Liter Extra Fuel an Bord. Das hätte für zusätzliche 1:30h Flugzeit gereicht.
Nach dem Abflug haben wir uns anständig bei einer netten Controllerin bei Reykjavik Control gemeldet, die uns einen netten Service bis weit über die Färöer Inseln gegeben hat. Wir flogen in FL120 in ruhiger Luft über einer lockeren Bewölkung, die sich erst kurz vor den Färöer Inseln auflöste. Die Vorhersage stimmt in diesem Fall nicht ganz.

 

Letztes Bild von Island, beim sogenannten Coasting Out.

 

Irgendwo zwischen Island und den Färöer Inseln. Das Wetter ist noch richtig ungemütlich.

 

Die Färöer-Inseln zeigten sich von ihrer schönsten Seite. Hier stimmt die Vorhersage exakt

Ground speed 180kt (333km/h). Ich hatte sogar noch etwas mehr erwartet ;-)



Küste von Schottland (Coasting in).

Wick (EGPC) Airport.

 


Drew von FarNorth beim Tanken.

 


Flight Track von GARMIN

 

Flugtechnisch ist man bei einem solchen Flug immer unter positiver Flugverkehrskontrolle. Zuerst bei Egilstadir Approach, dann bei Reykjavik Control, die einen dann an Scotisch Control weitergibt. Diese Übergabe hat nicht ganz reibungslos geklappt und so kamen wir in den Genuss einer RELAY
Communication mit einem British Airway Airliner. Nachdem die Daten sehr professionell durchgegeben waren bedanke ich mich beim Kapitän, der mir in bestem Oxford-English erwiderte: „It’s my pleasure.“ Gentlemen der Lüfte. Über Wick zogen die Wolken dann wieder zu und wir machten einen VOR/DME Approach nach den Standard-Verfahren. Bei starkem Seitenwind setzte ich die Maschine um 16:36 auf die Landebahn. Wir hatten noch 24 Minuten Zeit uns auszuziehen, die Maschine aufzutanken, eine Flugplanung zu machen und abzufliegen. Ein fast hoffnungsloses Unterfangen. Wir bevorzugten lieber eine Übernachtung und ein kühles Bier in der Hotelbar. Drew organisierte in Windeseile zwei Hotelzimmer und nach kaum 20 Minuten waren wir schon vor dem Hotel und konnten einchecken. Das Dinner im Hotel lies in puncto Qualität deutlich zu wünschen übrig, aber nach einem Tag ohne richtiges Frühstück und Mittagessen ist fast alles genießbar.

 

Weiter zu endlich wieder in Deutschland